Begegnungen mit immer neuen Bands und MusikerInnen

Die frühere HR-Redakteurin Cornelia Rost wurde - zusammen mit dem früheren WDR-Redakteur Werner Fuhr - im Rahmen des TFF-Festivals im thüringischen Rudolstadt mit dem Ehren-RUTH ausgezeichnet. Cornelia Rost war bis zu ihrem Ausscheiden beim Hessischen Rundfunk auch eine der wichtigsten und engagiertesten Unterstützerinnen von creole - globale Musik aus Hessen von der ersten Stunde an.  

Cornelia, zum Einstieg: Seit über 20 Jahren berichtest du als Musikredakteurin über die so genannte „Weltmusik“. Wie bist du dazu gekommen?

Eher durch Zufall: Die 80er Jahre, in denen ich als freie Journalistin in Köln gearbeitet habe, waren die Zeit, als die „Weltmusik“ ungeheuer populär wurde – in Köln nicht zuletzt beflügelt durch die großartigen Aktivitäten des WDR, aber auch der DW und des DLF. Es ergab sich automatisch, dass ich im Rahmen meiner Konzertrezensionen, vor allem Klassik, auch solche Konzerte besucht habe – und habe dabei immer neue, aufregende Stile und Genres entdeckt. Gleichzeitig bekam ich im Zusammenhang mit meinen Schallplattensendungen für den Hessischen Rundfunk immer auch mal wieder Platten mit „Weltmusik“ auf den Tisch, und diese anfangs eher zufälligen Begegnungen haben mich neugierig gemacht auf mehr! Als ich dann 1988 die Redakteursstelle beim hr antrat, habe ich vorgeschlagen, mich schwerpunktmäßig um die Weltmusik zu kümmern – was dann ja auch geklappt hat. Aber es war schon ein Sprung ins kalte Wasser.

Welche Rolle spielten Musik und Kultur im Elternhaus, und wie ging es nach dem Ende der Schule mit Studium und Ausbildung weiter?

Also – meine Mutter war Klavierlehrerin, daher gab es bei uns zu Hause immer Musik, Klassik, oft auch live, und auch Kammermusik. Und da war es fast selbstverständlich, dass meine beiden Geschwister und ich auch praktisch Musik machten: meine Schwester und ich Klavier, mein Bruder Geige. Er hat die Geige recht bald durch Handball ersetzt, meine Schwester hat Klavier studiert, und ich selbst hab mich dann für Musikwissenschaft entschieden. – Ein Musikstudium war mir damals unvorstellbar: jeden Tag viele Stunden üben usw. (heute könnte ich mir fast nichts Schöneres vorstellen…). Aber irgendwas mit Musik sollte es sein, und mich hat der Journalismus schon während der Schulzeit gereizt. Also hab ich Musikwissenschaft studiert, in Münster und München, und habe in Münster das 1.Staatsexamen für’s Gymnasium gemacht (wohl wissend, dass ich nie in die Schule gehen würde, aber man hatte mir das geraten). Nach dem Examen bin ich dann – auch ein Sprung ins kalte Wasser – nach Köln gezogen, weil ich dort die Möglichkeit hatte, für den Stadtanzeiger zu schreiben. Andere Auftraggeber kamen dazu, Zeitschriften, ARD-Sender, und ziemlich bald kam ein Praktikum beim hr, aus dem sich eine regelmäßige freie Mitarbeit entwickelte und später die Redakteursstelle ergab.

Der Begriff „Weltmusik“ ist ja durchaus umstritten. Wie stehst du dazu?          

Bitte erspart mir diese Frage! Seit ich mit dem Thema zu tun habe, gibt es diese mühsamen Diskussionen um den Begriff. Frage zehn Leute, was sie unter „Weltmusik“ verstehen, und Du bekommst zehn verschiedene Antworten. Was ich allerdings schade finde, ist, dass „Weltmusik“ mittlerweile schon etwas Abschätziges hat, aber das hat wohl damit zu tun, dass der Begriff und Vieles von dem Repertoire schon seit einiger Zeit auch schal geworden sind.

Du warst zu deiner Zeit als Redakteurin des hr einer der ersten und wichtigsten Unterstützerinnen von creole – globale Musik aus Hessen. Was waren deine Beweggründe? Welche Bedeutung weist du dem Projekt creole und der daraus entstehenden Vernetzung zwischen Musikern, Veranstaltern, Agenturen etc. zu?

Na ja, das ist ja wohl klar, dass der Landessender sich um solche Aktivitäten kümmern muss! Das war mir aber auch ein persönliches Anliegen, obwohl Hessen – was die Menge der Bands betrifft – vielleicht nicht ganz so ergiebig ist wie z.B. NRW. Aber ich finde es trotzdem wichtig, diese Szene zu unterstützen, und wir haben ja im Laufe der verschiedenen Wettbewerbe auch einige sehr gute Bands entdeckt. Die durch die creole-Aktivitäten hoffentlich auch wichtige Impulse bekommen haben. Außerdem finde ich die Idee mit dem Bandpool auf der Homepage sehr gut, ich habe ihn auch schon einige Male genutzt, wenn ich z.B. nach Empfehlungen für verschiedene Gelegenheiten gefragt wurde. Und ich hoffe sehr, dass die „creole“-Aktivitäten in Hessen weitergeführt werden können (wie in anderen Bundesländern bzw. Regionen auch); denn das alles wird „so ganz nebenbei“ von ein paar wenigen Menschen gemacht, die als Veranstalter in eigener Sache meistens ja sowieso schon sehr viel zu tun haben!

Zurück zur Kulturpraxis: Im Lauf der Jahre hast du verschiedene Kooperationen zwischen dem hr und Kulturakteuren innerhalb und außerhalb der LAKS durchgeführt, z.B. bei vielen Weltmusikfestivals des Kulturzentrums Schlachthof in Kassel, bei den Sommerwelten von künstLich e.V. im mittelhessischen Lich oder bei Folk im Schloss in Bad Bildungen. Was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?        

Ich fand, das waren immer neue Herausforderungen: spannende Konzerte in ganz unterschiedlichem Ambiente – vom Foyer der Sparkasse in Kassel über den Festsaal der ehemaligen Synagoge in Lich bis zum Schloss-Innenhof von Bad Wildungen (seit drei Jahren spielt das Festival ja im Kurpark). Das waren Begegnungen mit immer neuen Bands und MusikerInnen, und nicht zuletzt mit sehr engagierten Veranstaltern vor Ort. Mir hat es auch total viel Spaß gemacht zu erleben, wie interessiert und aufgeschlossen das Publikum immer war, wie dann meistens der Funke übergesprungen ist und die Leute begeistert waren! Das „schönste“ Erlebnis (wenn auch für den Veranstalter ein schlimmer Nervenkrieg) gab‘s vor einigen Jahren beim Festival „Folk im Schloss“ in Bad Wildungen: da zog schon während des Soundchecks im Innenhof von Schloss Friedrichstein ein Gewitter auf,  es gab keine Regenalternative,  und wir haben – ganz optimistisch – gehofft, dass das gut gehen werde. Tat’s aber nicht: Kurz vor Beginn des ersten Konzerts fing es an zu regnen (was das Wildunger Publikum vielleicht nicht gestört hätte) und zu gewittern. Die Bands Beoga  und Cara konnten also nicht im Schlossinnenhof auftreten. Zunächst vorübergehend sind wir dann in den großen Festsaal des Schlosses gezogen, um abzuwarten, und irgendwann fing die Band dann an zu spielen – eine irische Band ist für so eine Situation natürlich prädestiniert. Das Publikum hockte sich irgendwie hin, auf den Boden und sonst wo, irgendwann bekamen die Musiker auch Bier – und es entstand eine Mords-Stimmung mit allen, viel intensiver als draußen auf der Bühne. Was anfangs als Überbrückung gedacht war, wurde zum grandiosen Indoor-Konzert. Pech für uns allerdings, dass der Mitschnitt für den hr nicht zustande kam, denn die Kollegen vom Ü-Wagen hatten aus Sicherheitsgründen wegen des Gewitters alle technischen Geräte ausgeschaltet. Allerdings habe ich mit meinem Reportergerät „aus der Hand“ einige Stücke aufgenommen, die dann auch – der Stimmung wegen – gesendet werden konnten. Soweit ich weiß, war das die letzte Edition des Festivals im Schloss-Innenhof, danach ist es dann in den Kurpark gezogen, wo es mit dem Kursaal eine praktikable Regen-Alternative zur Konzertmuschel gibt….

Du hast vor kurzem die „Ehren-Ruth“ verliehen bekommen. Was bedeutet dir diese Würdigung?

Das fand ich ganz großartig, darüber habe ich mich sehr gefreut – als Anerkennung für mein Engagement für das Festival „tff“, das ich seit 1993 begleitet und in meiner Sendung abgebildet habe. Genau genommen war das ja eine halbe „Ehren-Ruth“ – die andere Hälfte hat mein Kollege Werner Fuhr vom WDR bekommen, der sich ebenfalls und ganz anderen Dimensionen –zig Jahre in Rudolstadt engagiert hat!

Du bist im Mai 2014 in den Vorruhestand gegangen. Wie füllst Du die freigewordene Zeit nach dem Ende deiner einer langjährigen engagierten journalistischen Tätigkeit? Welche Rolle spielt die Musik im neuen Lebensabschnitt?

Also – vor allem nach dem ersten Jahr, das ich noch als erweiterten Urlaub empfunden habe, finde ich schon, dass das eine Umstellung war. Aber es gab vorher schon verschiedene Dinge, meistens mit Musik, für die ich immer schon mehr Zeit haben wollte und – jetzt habe. Das ist vor allem das Cello, das ich im fortgeschrittenen Alter, d.h. vor gut sieben Jahren, neu entdeckt habe. Tagsüber üben zu können, und nicht erst abends nach der Arbeit, ist herrlich! Dazu gehört das Kammerorchester an St.Thomas, in dem ich begeistert mitspiele. Ich engagiere mich jetzt auch mehr für die Kantorei, in der ich seit zehn Jahren wieder singe; bin flexibel für spontane Urlaube etc. Ab und zu mach ich auch noch die eine oder andere journalistische Sache. Und mir war es schon vor dem Beginn meines Ruhestandes klar, dass ich mich auch irgendwo sozial engagieren möchte. Das tue ich seit März dieses Jahres, in einer Ausbildung zur Migrantenhelferin. D.h. ich betreue im Rahmen des „socius“-Projektes des Evangelischen Regionalverbandes seit kurzem einen „mentee“.  

Cornelia, vielen Dank für das Interview und alles Gute!

© LAKS Hessen e.V., 2015

Das Interview führte: Bernd Hesse und Gereon Schoplick vom Trägerkreis creole Hessen © 2015 LAKS Hessen e.V, www.laks.de