Für Häuser mit Atmosphäre wird es auch in 20 Jahren noch Bedarf geben

Seit 2005 veranstaltet der gemeinnützige Verein Kulturprojekt 21 e.V. Konzerte und mehr im großen Saal der Brotfabrik in Frankfurt/Main. Singer-Songwriter aus dem In- und Ausland sowie anspruchsvolle Popmusiker treten hier ebenso auf wie international bekannte KünstlerInnen der Weltmusik und kleinere Künstler der Frankfurter Musikszene. Lesungen und Clubnächte sowie weitere Veranstaltungen in Kooperation mit anderen Vereinen, Initiativen und Kulturschaffenden runden das Programm ab. Im Interview mit der LAKS äußert sich Antje te Brake zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Frankfurter Soziokulturzentrums.

Antje, wann seid ihr gestartet und wie kam es zu eurer Initiative?

2005 gründeten Conny Wynen, Harald Scherbach und Torsten Müller den gemeinnützigen Verein Kulturprojekt 21 e.V. Ihr Ziel war es, Kulturveranstaltungen, vor allem Konzerte, im Großen Saal der Brotfabrik durchzuführen. Sie eröffneten zeitgleich auch das Restaurant kp 21, zum einen, um die kulturellen Veranstaltungen quer zu finanzieren, zum anderen aber auch, um das gesamte Gelände zu beleben.


Wie ging es weiter?

Am 3. September 2005 fand das erste Konzert von Kulturprojekt 21 in der Brotfabrik statt, zuvor hatten bereits andere Initiativen dort Veranstaltungen durchgeführt. Zunächst musste der Verein noch ohne öffentliche Fördergelder auskommen, was natürlich extrem schwierig war. Trotzdem wurde dem Publikum ein vielfältiges Programm geboten, und die Zuschauer nahmen es auch an. Seit 2006 gab es dann erfreulicherweise Fördergelder von Seiten der Stadt Frankfurt und später auch vom Land Hessen, das stellte das Unterfangen auf stabilere Beine. Trotzdem wurde das Restaurant 2011 aufgegeben – denn die Doppelbelastung durch Veranstaltungen und Gastronomie war auf Dauer durch das kleine Team nicht zu stemmen. Im gleichen Jahr wurde auch erstmals eine hauptamtliche Geschäftsführerin eingestellt, um den ehrenamtlichen Vorstand zu entlasten. Auch hier gab es Änderungen – Torsten Müller schied aus, Christina Ohlhus wurde zum dritten Vorstandsmitglied.

Das Konzertprogramm war bewusst vielfältiger als das, was vor 2005 in der Brotfabrik stattfand – zumeist Jazz und Weltmusik. Beide Sparten gab es auch weiterhin, dazu kamen aber viele andere Genres, um eine möglichst breites Publikum anzusprechen, außerdem Lesungen und Tanz- und Theateraufführungen.


Wo steht ihr jetzt? Was sind eure Aktivitäten? Wer ist aktiv?

Die Brotfabrik ist heute weit über Frankfurts Grenzen hinaus als anspruchsvoller Veranstaltungsort bekannt. Das Musikprogramm, das von Beginn an von Markus Gardian kuratiert wurde und wird, ist 2013 mit dem Spielstättenprogrammpreis der Initiative Musik ausgezeichnet worden. Es umfasst Singer/ Songwriter, Weltmusik, Jazz, Pop und viel mehr. Neben Musikern aus ganz Deutschland spielen in der Brotfabrik gleichermaßen international renommierte Acts wie solche, die hierzulande noch weniger bekannt sind. Außerdem versuchen wir, auch regionalen Bands eine Bühne zu bieten.

Das Konzertprogramm wird ergänzt durch Lesungen, Comedy, monatliche Treffen der Frankfurter Web-Community und vor allem durch unsere Clubnächte. Seit 30 Jahren wird in der Brotfabrik jeden Mittwoch Salsa getanzt, außerdem gibt es Tango-Abende und weitere Tanzveranstaltungen, die sich vornehmlich an ein älteres Publikum richten – da gibt es in Frankfurt sonst wenig Angebote. Für uns dagegen sind die Clubnächte eine Chance, Geld zu verdienen, das wir dann wieder in die Konzerte, Lesungen usw. stecken können.

Der Vorstand ist bis heute aktiv, weiterhin ehrenamtlich. Außerdem ist ein Teil der Mitarbeiter im Verein als Mitglied engagiert, so kann das Team über die Belange des Vereins mitentscheiden. Ich bin seit Anfang des Jahres als Geschäftsführerin dabei und arbeite momentan daran, Kooperationen mit weiteren Frankfurter Vereinen, Institutionen und Initiativen anzubahnen.


An welche Veranstaltung oder welches besondere Ereignis erinnert ihr euch am liebsten?

Ich bin erst seit Anfang des Jahres dabei, aber ich weiß, dass für meine Kollegen beispielsweise die Brotfabrik-Festivals ganz besondere Erfahrungen waren, bei denen Bands verschiedener Musikrichtungen auf die Bühne gebracht wurden, die eigentlich so gar nicht zusammen passten. Das war schon ein gewagtes Experiment, wurde vom Publikum aber erstaunlich gut angenommen, was natürlich toll war.

Immer wieder wird auch an das Konzert der französischen Sängerin ZAZ erinnert, das 2011 von der Brotfabrik in die Stadthalle Offenbach verlegt werden musste, weil der Ansturm auf die Karten so groß war – 4000 Zuschauer kamen am Ende, wobei unser Saal hier nur 400 davon gefasst hätte!
Solche Ereignisse sind natürlich nicht planbar und auch nicht vorhersehbar. Umso schöner ist es dann, wenn sie passieren.


Wie werdet ihr das Jubiläum begehen?

Wir haben Anfang September bereits mit Förderern, Partnern, Mitgliedern und Freunden gefeiert. Im Januar wird es dann eine öffentliche Abschlussparty geben. Und in der Zwischenzeit gibt es immer mal wieder kleinere Aktionen für die Besucher. Verlosungen von Gästelistenplätzen beispielsweise. Außerdem haben wir Sticker und Buttons mit unserem Jubiläumslogo produziert, so dass die Besucher ihre Verbundenheit mit der Brotfabrik und Kulturprojekt 21 auch zeigen können. Toll ist schon jetzt, dass wir durch das Jubiläum größere öffentliche Aufmerksamkeit bekommen und dadurch hoffentlich neue Leute auf uns aufmerksam werden und unsere Veranstaltungen besuchen.


Wie bewertet ihr eure bisherige Entwicklung? Seid ihr zufrieden mit dem Erreichten? Wo nicht?

Die Entwicklung der letzten zehn Jahre ist auf jeden Fall positiv, wir haben viel erreicht. Das Programm ist vielfältiger geworden und wird vom Publikum sehr gut angenommen. Nun sollen noch weitere Projekte im soziokulturellen Bereich hinzukommen. Auch würden wir gern mehr jüngere Leute in die Brotfabrik locken. Eine weitere Herausforderung, die bleibt, ist die Finanzierung des Ganzen. Trotz öffentlicher Fördergelder und Einnahmen aus den Clubnächten ist die finanzielle Lage eher angespannt. Daher müssen zusätzliche Gelder eingeworben werden, um die Finanzierung langfristig zu sichern – und damit auch die Qualität des Programms.


Wo seht ihr euch in 5 Jahren?

In 5 Jahren sollten die Anstrengungen von heute Früchte getragen haben. Mir schwebt ein Haus vor, das ein möglichst breites kulturelles Angebot bietet und damit ein Publikum anspricht, das ganz unterschiedliche Interessen hat. Das sind wir im Prinzip jetzt schon, aber im Rahmen dieses Anspruchs können wir uns durchaus noch verbessern. Wenn wir dazu dann noch finanzstarke Partner für unser Programm gewinnen könnten und so noch mehr Spielraum für Neues, Gewagtes, Experimentelles hätten, so wäre ich sehr zufrieden.


Wo in 20 Jahren?

20 Jahre sind eine sehr lange Zeit für jemanden, der seit nicht mal neun Monaten einen Verein leitet, der gerade mal 10 Jahre lang existiert. Aber ich kann mir vorstellen, dass in Zukunft aufgrund von Globalisierung, Marktverengung und der zunehmenden Schere zwischen Arm und Reich Häuser wie das unsrige noch wichtiger werden. Häuser, die auch mal unbekannte Künstler einladen. Die regionalen Bands eine Chance geben. Die ein anspruchsvolles Programm bieten und dennoch die Preise möglichst gering halten. Und mit Kulturvereinen anderer Länder kooperieren, und so den entsprechenden Communities in der Stadt einen Raum geben, sich zu treffen und auszutauschen und ihre Kultur dem Frankfurter Publikum zu präsentieren. Häuser, die keine sterilen Neubauten sind, sondern Atmosphäre haben und die Geschichte ihrer Stadt sichtbar bleiben lassen. Daran wird es auch in 20 Jahren noch Bedarf geben – und ich würde mich freuen, wenn Kulturprojekt 21 auch dann noch dazu beiträgt, diesen Bedarf zu stillen.

 Antje, vielen Dank und alles Gute!

Das Interview führte: Bernd Hesse © 2015 LAKS Hessen e.V, www.laks.de